Industrie in Griechenland

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Als vor einigen Jahren die Krise in Griechenland ausbrach, zogen sich viele ausländische Unternehmen wieder vom Standort zurück. Dieser wurde als nun riskant und für die kommenden Jahre auch einkaufsschwach – und somit uninteressant – eingestuft. Viele waren schließlich nach dem Euroeintritt des Landes gekommen, um primär ihre Produkte auf dem nationalen – damals kaufkräftigen – Markt abzusetzen; nur wenige große ausländische Unternehmen hatten in Griechenland auch einen Produktionsstandort aufgebaut.

Die griechischen Unternehmen selber verbringen seit Anfang der Krise in 2009 eine sehr schwierige Zeit. Mehrere tausende von ihnen mussten ihren Betrieb einstellen. Je nach Branche mussten andere sehr große Teile ihres Umsatzes einbüßen. Auch die Arbeitslosenzahl ist in der Zeit wahrlich in die Höhe geschwindet. Refinanzierungsprobleme führten zudem insbesondere einige große griechische Unternehmen dazu, ihren Hauptsitz in andere Länder zu verlegen. Die Industriebetriebe des Landes, die den größten Teil ihres Umsatzes vom nationalen Markt schöpften, litten generell immens unter der Entwicklung und viele sprachen auch schon mehrfach vom Ende der Industrie in Griechenland. An dieser Stelle muss man allerdings erwähnen, dass die rückläufige Entwicklung der einst florierenden griechischen Industriebetriebe, von denen man übrigens sehr selten hört, schon viele Jahre vorher aufgrund der Mixtur aus internationaler Konkurrenz und nationaler Industriepolitik begonnen hatte. Exemplarisch sei hier der in der Vergangenheit sehr große Sektor der Textilindustrie Griechenlands erwähnt.

Nachdem im Laufe der Krise zwei internationale Hilfspakete vereinbart wurden und die Finanzierung des griechischen Staatshaushaltes vorübergehend gesichert war, kehrten wieder Stabilität im politischen Alltag und Vertrauen in die griechische Wirtschaft ein. Trotzdem blieb das Interesse internationaler Investoren, in Griechenland aktiv zu werden, allerdings sehr mäßig. Hier konnte man sporadisch von einigen Deals in den Bereichen Tourismus und der hochwertigen – nun günstigen – Immobilien lesen, obwohl sich sehr viele andere Bereiche auch optimal anboten (siehe auch unser Artikel aus der Zeit: „Investition in Griechenland – jetzt“). Der Bereich der Industrie wurde allerdings – wie auch in den Jahren zuvor – völlig stiefmütterlich behandelt. Neben den Krisengegebenheiten ist hierfür sicherlich das Klischee des Landes maßgebend; fälschlicherweise wird der Standort Griechenland investorenseitig mit Tourismusprojekten und kaum mit industrieller Produktion verbunden, obwohl hierfür wahrlich gute Bedingungen vorherrschen. Schließlich war auch die Skepsis weiterhin groß und das weitere Abwarten als die richtige Strategie eingestuft, insbesondere als zum Ende des vergangenen Jahres Neuwahlen mit unklarem Ausgang prognostiziert wurden. Seitdem herrscht übrigens auch nahezu „Stillstand“ im wirtschaftlichen Geschehen des Landes. Sicherlich hat auch die allgemeine Stimmung jedweder Entscheidung nicht verholfen.

Einige Investoren, die die aktuellen politischen Entwicklungen verfolgen, fühlen sich sicherlich in ihrer Entscheidung, bisher noch nicht in Griechenland aktiv geworden zu sein, bestätigt. Als hätten sie Insiderinformationen direkt vom Orakel von Delphi bekommen, werden sie jetzt wohl sagen, „ich wusste es  …“. Diese Art Investor wäre allerdings selbst bei idealen Bedingungen wohl  auch in 10 Jahren wahrscheinlich nicht als Investor nach Griechenland gekommen. „Proaktive“ Investoren mit internationaler Aktivität und Bereitschaft zum „Wandern“ sind hingegen meistens an Krisenregionen interessiert, erkennen oftmals die Vorteile schneller als alle anderen und werden sehr schnell aktiv. Sie bilden somit die geeignete Klientel, die Griechenland ansprechen sollte. Daher stellen sich aktuell folgende Fragen. Wie kann man diese „Investor-Nomaden“ für Investitionen im Sektor Industrie in Griechenland gewinnen, um die Industrie des Landes anzukurbeln? Was wäre für sie interessant (Anreize, Steuern, Fördermittel, etc.)? Was wird allgemein aus der Industrie in Griechenland (Plan, Ziel, etc.)? Welches Potential steckt tatsächlich für den industriellen Sektor am Standort (Präsentation nach außen)? Was passiert bei einem GREXIT? Lohnt es sich vielleicht trotz – oder gerade aufgrund – der aktuellen Situation am Standort aktiv zu werden oder diesen zumindest einmal intensiv zu analysieren (neue Gegebenheiten)? Was muss die griechische Regierung machen?

Heute wird – zum Zeitpunkt an dem ich diesen Artikel schreibe – in Brüssel intensiv über ein neues Programm für Griechenland verhandelt. Der Ausgang der Verhandlungen ist unklar, und eine Staatspleite als auch ein GREXIT stehen als mögliche Optionen im Raum. Positiv gedacht kann man in jedem Fall festhalten, dass wir in wenigen Stunden wissen werden, wie es weiter gehen wird. Damit wäre sicherlich die Grundlage für eine unternehmerische Entscheidung geschaffen, die aufgrund der Unklarheiten der letzten Monate nicht bestand. Die heutigen Entscheidungen werden sicherlich Einfluss auf die weitere Entwicklung haben, doch das Leben wird ja bekanntermaßen trotzdem weiter gehen. Es ist daher wichtig, dass man sich schon jetzt Gedanken über den „nächsten Tag“ und alle möglichen Szenarien macht. Grundsätzlich sollte man solche „temporären“ Entwicklungen nicht überbewerten, sondern langfristig und zukunftsorientiert denken und objektiv analysieren. Hier wäre ganz Gewiss eine Vielzahl von Faktoren, die für Griechenland ausdrücklich positiv sind, auch zu betrachten.

Sicherlich wird das Land aufgrund der neuen Sachlage nach den heutigen oder baldigen Entscheidungen auf vielen Ebenen weitere Reformen durchführen. Hoffentlich werden auch Entscheidungen getroffen, die die Industrie in Griechenland wieder aufblühen lassen werden/können. Der Standort hat schließlich auch in diesem Bereich immenses Potential zu bieten, und dies wissen alle, die in den strategischen Abteilungen der großen Unternehmen sitzen. Interessant ist der Standort für die meisten daher sowieso, und dies selbst ohne die gemeinsame Währung; schließlich investieren sie auch in anderen Regionen, wo nationale Währungen bestehen. Eine stabile Währung ist aber obligatorisch (stabiler Wechselkurs). Ein GREXIT wäre für sie somit unproblematisch, sofern sie natürlich erst nach einem solchen im Land investieren würden. Vieles würde dann in Griechenland eventuell sogar noch günstiger werden, und dies spräche eventuell sogar für den Standort, insbesondere wenn man exportorientiert produzieren möchte. Hier seien die geringen Lohnkosten angesprochen. Sie möchten jedoch in keinem Fall von einem Währungswechsel betroffen sein, und würden erst aktiv werden, wenn ein GREXIT entweder endgültig ausgeschlossen oder aber bereits vollzogen ist. Die griechische Bevölkerung würde bei einem GREXIT hingegen sicherlich auf einem Schlag einen größeren Teil ihres Einkommens verlieren. Für die Investoren sind aber Stabilität (in jeglicher Hinsicht, insbesondere Recht und Steuern) und gute Bedingungen vor Ort wichtiger. Gute regionale Bedingungen sind definitiv existent, an einem stabilen Klima muss jedoch noch etwas gearbeitet werden. Außerdem muss die griechische Regierung  zudem noch einige „incentives“ für die neuen Investoren schaffen und alle erforderlichen Verfahren auf ein Minimum modifizieren/vereinfachen. Zusätzlich sollte ein fixer Steuersatz für die nächsten 10 Jahre festgelegt werden. Viel wichtiger scheint zudem, eine Vision für die Industrie in Griechenland zu schaffen. Diese fehlt leider bisher völlig und sollte von der Regierung mit Priorität behandelt werden.

Eine positive Entwicklung im Bereich des griechischen Industriesektors herbeizuführen ist relativ einfach. Die griechische Regierung müsste sich hierzu direkt nach Abschluss der aktuellen Verhandlungen – und völlig unabhängig von den entsprechenden Ergebnissen – systematisch an die „Wiedergeburt“ der Industrie in Griechenland setzen. Griechenland kann und muss neben dem Tourismus, der Landwirtschaft und dem nationalen real estate ein viertes, ergänzendes Standbein auf dem Sektor der Industrie aufbauen. In diesem Bereich liegt nicht ausgenutztes Potential und somit eine sehr große Chance! Eine Art „Marshall-Plan“ unter Mitwirkung aller, die wirklich und ohne direkten Eigennutz finanziell und sachkundig helfen möchten, ist hierzu jedoch erforderlich. Griechenland und seine Menschen sind es wert und haben weitaus mehr als nur Sonne und Strand zu bieten. In diesem Sinne sollte man alles Erdenkliche tun, um die entsprechenden Investitionen ins Land zu holen. Das Motto muss somit lauten: Gas geben und die „Investor-Nomaden“ überzeugen … !

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